TAG 85:
Nachbarn haben wir hinten um die Ecke im Wohnmobilbereich so Einige. Franzosen, ganz klar, aber auch Holländer und Engländer, wenige Deutsche. Diese hier vorne sind aber eine Meldung wert. Das Programm steht auf den Bussen geschrieben. Beladen mit Kühlschränken und Mikrowellen gehen diese Benz one way nach Afrika. Seit zwei Tagen abgelaufene Kurzkennzeichen mit ja aktuell echten Papieren statt den rosa Zetteln von früher auch kein Problem. Ausgestellt als Fahrt zum Tüv deklariert, wer die österreichische Grenze nicht weit hat und ab Italien die Fähre nimmt kann so schon auf einen entspannten Urlaub in Gambia spekulieren. Die letzten Tage aber Vollgas auf der Autobahn wären dann doch nicht unser Ding. Und der Wohnwagen ist der erste Versuch, soll wohl bei Polizeistationen in Mauretanien gesucht sein, Schutz vor dem Wind und Sand nahe der Sahara, Interieur dann zum Büro umfunktioniert, wenn's sich rechnet.

Mein Plan für den Morgen steht fest, nach dem ersten Rundgang zum Sonnenaufgang durch den Garten der Moschee fahre ich mit dem Rad und der Gopro auf dem Kopf kreuz und quer durch die Medina. Hier folgt ein kurzer schneller Zusammenschnit, ist halt alles geschlossen um diese Zeit.
VIDEO der Marrakesch Medina noch in Arbeit, folgt auf facebook.
Ist auf jeden Fall eine Erfahrung gewesen, ich werde später nochmal mit Christie gucken, ob es was gibt was wir wirklich brauchen ohne in blinden Konsum zu verfallen. Einen Plan habe ich aber noch, der steht auf einer besonderen Liste; Dinge die man hier mal gemacht haben sollte, den Besuch in einem gewöhnlichen Hamamm.
Hiervon habe ich keine Bilder, also beschreibe ich etwas ausführlicher. Männer können zwischen 10-12 und 19-23 ins Badehaus, Frauen dazwischen. Es existiert ein Eingangssaal, in dem sogar einige Moppeds und Fahrräder stehen. Ein Herr in einfachem Gewand leitet mich zu einem Loch in der Wand, zusammen mit der Holztür davor ein Umkleideschrank. Ich hab Badelatschen und eine Hose mit, einen Becher und meinen Schrubbel aus Ton, traditionell, klar. Der Saal hat eine recht große Kuppel und schummrige Beleuchtung, in der Mitte steht eine Art Brunnen um den herum Männer sitzen und quatschen. Nur in Shorts gekleidet bingt mich der Mann in den hinteren Bereich und durch den ersten Vorhang in einen Feuchtraum, noch weiter durch einen weiteren Vorhang und bis in den hintersten dritten Bereich, den Wärmsten. Wir haben zwei große Plastikeimer dabei und er zeigt mir wo ich aus alten rostigen Rohren heißes Wasser herbekomme. Sieht man auch an den Kalkverkrustungen an Wand und Boden, die Leitungen oberirdisch. Die Fliesen im rund 100m² Raum mit Gewölbedach und mehrfarbigem Putz ab Kopfhöhe sind auch schon etliche Dekaden an der Wand. Einen Ablauf kann ich so nicht registrieren, das genutze Wasser läuft auf jeden Fall quer über den Boden. Funktioniert so seit hunderten Jahren.
Ein weiterer Gast ist da, ein jüngerer, der sich auf dem Boden sitzend ordentlich mit Schampoo abreibt und später Eimerweise Wasser nachschüttet. Als meine Eimer voll sind zeigt mir der Alte einen Bereich auf dem Boden und geht. Ich setze mich also und fange mit meiner Badezeremonie an. Mit meinem Becher nehme ich aus dem Eimer Wasser zum übergiessen, der Boden ist wärmer als die Luft die auch über Körpertemperatur hat. Fußbodenheizung könnte man es nennen. Lampen sehe ich keine, das bissel Licht stammt von Belüftungsöffnungen in Wand und Decke. Die Mittagssonne findet einen Weg und erleuchtet die Dampfschwaden um mich herum. Der Tonschrubbel, welchen ich auf dem Markt gekauft habe, bewährt sich gut und ist einfacher als eine Bürste herzustellen. Nach der ersten gründlichen Reinigung liege ich flach auf dem Boden und lasse mal alles wirken.
Mitten in Marrakesch und höre trotzdem keine Geräusche. Würde jetzt der Muezzin im Minarett loslegen wäre gerade noch das hörbar. Es gibt hier einen Haufen teure SPAs und Wellnesshotels, Hamamm ein Begriff auch schon bei uns, eigentlicher Ursprung wie in vielen Kulturen ein Badehaus, weil niemand zuhause ein Bad hatte. Es gibt keine beheizten Bänke mit Mosaiken oder geschwungene beleuchtete Ablagen, das hier ist ehrlich, undgeschönt und Orient in der abgeranzten Art und Weise wie man es erleben muss. Tolle Erfahrung.
Nach einer Knappen Stunde und sauber, nur 15dH ärmer, mache ich mich mit feuchten Haaren und offenem Bart durch die Gassen auf den Rückweg zum Bus. Die Leute gucken eh schon über die 30cm in gebändigter Variante. Mit Ali Baba werde ich seit Tagen überall angesprochen oder hinterhergerufen. Die 40 Räuber fehlen aber hinter mir und den Film muss ich mir demnächst mal runterladen. Christie ist auch schon von ihrer Tour zurück, tagsüber bei all den Touristen hier alleine kein Problem. Wir machen ne Pause und besprechen mit den anderen die weitere Route, Abfahrt. Genug für heute und Marakkesch für alle abgehakt. Hektisch, geschäftig und wenn man sich 24h Zeit nimmt, in keines der wenigen Museen geht kann man alles sehen. Uns reicht's.
Die nächste halbe Stunde kämpfen wir uns durch den Verkehr. Tierquälerei nenne ich die Fahrt mit Kutschen durch solche Turbulenzen. Fette bleiche Touris wollen es aber so.
Unser Weg führt uns Richtung Essaouira. Der direkte Weg wird über die Autobahn empfohlen, selbst die N-Hauptroute daneben hat nix zu bieten und führt durch langweilig landwirtschaftliches Gebiet, zweispurig. Wir machen also nen Abstecher und haben Imi n Tanoute anvisiert. Der Weg dahin ein Traum für das GoPro Projekt. Lichtspiel und Hügelketten nach jeder Kurve. Wir kommen zwar langsam vorran, aber der Weg ist das Ziel und hier eine Empfehlung wert. Südlich von Marrakesch erstrecken sich die Ausläufer des Atlas Gebirges, hier sind wir also recht nahe erfreuen uns der steppigen Vielfalt.
GoproVideoZusammenstellung folgt, man kann sich aber bei diesem Bild gut vorstellen, wie es ist gegen die Sonne zu fahren, kurze Hose, oben ohne...unangenehm.
Da freut man sich über jedes Wölkchen, wenn dazu noch mit solchem Lichtspiel wie unten:
Wir stoppen in einigen Dörfern für Besorgungen und kommen schließlich in Imintanout an, nicht ohne Grund, meine Kletterrecherche meint hier finden sich Sandsteinformationen. Näheres wissen wir nicht. Ich geh also mal fragen. Taxifahrer sollten doch was wissen, da steht eine Meute 123er, so richtig haben sie aber keinen Plan ausser die Richtung der Berge zu zeigen, sehe ich ja selbst. Dann halt mal zum Frisör, die wissen doch immer was so läuft.
Ich wollte sowieso mal meinen Bart schneiden lassen, so richtig mit Klinge und Form in den wilden Wuchs. Die Jungs da drin konnten auch english, also kam Christie zum quatschen mit, es gab Tee und viele Geschichten, Marokko ist schön und super. Sein Onkel hat ein Hotel und immer internationale Gäste auch zum klettern da, er erreicht ihn aber grad nicht. Zeit braucht man hier ja, schon erwähnt, es wird langsam Abend. BigBlue wird ungeduldig und sucht schonmal nen Platz fürs Nachtlager. Wir hängen immernoch fest, müssen noch Fotos machen und Numern vom Onkel und von ihnen notieren. Aber mit einem vollen Wasserkanister und glatten Wangen geht es dann 10dH leichter blindlings in die Berge.

Wir fanden eine Hauptstraße die sich um den ersten Berg schlängelt und auch dahinter nicht auf den ersten Blick Kletterregionen erkennen ließ. Planänderung, wir geben hier auf und folgen den Anderen um Morgen dann in Essaouira zu sein. Zum Glück haben die einen schönen Platz nicht weit von hier gefunden. Es wird dunkel und ohne Seitenmarkierungen oder Pfosten sieht man die Straße, die sowieso nur mittig Asphalt hat echt schwer. Bisher haben wir es vermeiden können nachts zu fahren, soll auch so bleiben.